Interview
Prozesssicherheit im Fokus
Janik Mischke gestaltet digitale Bauprozesse im CFLab
Wie wird die Baustelle von morgen sicherer, effizienter und digitaler?
Im Construction Future Lab (CFLab) geht Janik Mischke dieser Frage auf den Grund. Als Leitthemaverantwortlicher für Prozess- und Arbeitssicherheit entwickelt er digitale Lösungen, die Bauprozesse transparent machen und gleichzeitig die Grundlage für Automatisierung und integrierten Arbeitsschutz schaffen.
Stell dich doch mal kurz vor, Janik.
Ich verbinde Praxis und Forschung. Nach meinem Bauingenieurstudium mit der Vertiefung Baubetriebswesen an der TU Dresden habe ich bei der Iproplan Planungsgesellschaft mbH als Projektingenieur gearbeitet und dort wertvolle Erfahrungen von der Ausführungsplanung bis hin zur Bauüberwachung gesammelt. Seit März 2022 bin ich wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Baubetriebswesen der TU Dresden und beschäftige mich mit der Digitalisierung und Automatisierung von Bauprozessen. Im CFLab bin ich seit April 2024 tätig und verantworte dort das Leitthema Prozess- und Arbeitssicherheit.
Mein Antrieb: Prozesssicherheit ist der Schlüssel für die Baustelle der Zukunft – und Arbeitsschutz muss von Anfang an mitgedacht werden.
Worum geht es in deinem Thema „Prozess- und Arbeitssicherheit“ genau?
Im Kern geht es darum, Bauprozesse digital abbildbar, nachvollziehbar und planbar zu machen. Das beginnt bei der modellbasierten Planung und reicht bis zur automatisierten Baufortschrittskontrolle.
Ziel ist es, einen Digitalen Zwilling der Baustelle zu schaffen, der Soll- und Ist-Zustände laufend abgleicht. So können Qualität, Kosten und Termine in Echtzeit überwacht werden – ein entscheidender Schritt hin zu transparenten, sicheren und effizienten Abläufen.
Wie funktioniert das konkret?
Der Prozess startet mit der Erfassung des Baufortschritts durch sensorgestützte Technologien wie 3D-Laserscans oder Bilddaten. Diese Informationen werden automatisiert ausgewertet und in ein semantisch angereichertes Modell überführt.
Damit entsteht ein durchgängiger digitaler Workflow – vom Scan bis zur Abrechnung.
Das System erkennt beispielsweise Baufortschritte, dokumentiert Leistungsstände und gleicht sie mit den Sollwerten ab. Dadurch wird der gesamte Bauprozess dokumentiert, abrechenbar und analysierbar.
Neben der Fortschrittskontrolle im Neubau lassen sich auch die tatsächlichen Zustände bestehender Gebäude – sogenannte as-built oder as-is Zustände – erfassen und modellieren. Durch die digitale Aufnahme der realen Gegebenheiten vor Ort, einschließlich möglicher Abweichungen von Planungsdaten, entsteht ein präzises digitales Abbild des Bestands. Dieses kann für die Validierung von Bestandsdaten, die Erstellung digitaler Zwillinge sowie die Integration in Sanierungs- oder Erweiterungsplanungen genutzt werden.

Bestandsmodellierung am Beispiel CFLab-Bestandsgebäude
Warum ist Prozesssicherheit wichtig – gerade im Handlungsfeld Bau?
Fehler im Bauprozess sind teuer. Allein im Tiefbau entstehen jährlich rund 19,5 Millionen Euro Fehlerkosten [VHV Bauschadensbericht Tiefbau 2022/2023, Seite 86]. Mit digitalen Prozessen und klar definierten Strukturen können diese Risiken erheblich reduziert werden. Darüber hinaus entsteht die Basis für teil- und vollautomatisierte Bauausführung, bei der Maschinen selbstständig auf digital hinterlegte Prozessinformationen reagieren. Und: Wer Prozesse versteht und sichtbar macht, kann sie verbessern – das gilt für Effizienz ebenso wie für Sicherheit.

Auszug Prozessmodell für die Herstellung eines Rohrleitungsgrabens in offener Bauweise
Arbeitssicherheit ist dabei ein zentrales Thema. Wie verbindest du das mit Digitalisierung?
Arbeitsschutz darf kein nachträglicher Punkt auf der Checkliste sein, sondern muss integraler Bestandteil des digitalen Bauprozesses werden.
2024 wurden in Deutschland über 91.000 Arbeitsunfälle auf Baustellen gemeldet (BG Bau Unfallstatistik 2024: https://www.bgbau.de/meldung/bg-bau-weniger-arbeitsunfaelle-mehr-berufskrankheiten) – jeder einzelne zeigt, wie wichtig Prävention ist.
Indem Sicherheitsaspekte schon im digitalen Prozessmodell hinterlegt werden, können R isiken frühzeitig erkannt und vermieden werden. Das schafft nicht nur mehr Sicherheit für Beschäftigte, sondern auch verlässlichere Abläufe im gesamten Bauprojekt.
Was motiviert dich an dieser Arbeit?
Mich fasziniert, wie digitale Technologien helfen können, reale Abläufe auf der Baustelle sicherer und effizienter zu gestalten.
Wenn wir es schaffen, Prozesswissen, Arbeitsschutz und Automatisierung miteinander zu verbinden, entsteht ein echter Mehrwert – für alle Beteiligten: Planer, Bauunternehmen und die Menschen, die täglich auf der Baustelle arbeiten.
Und was ist deine Vision für die Zukunft des Bauens?
Ich glaube, die Baustelle der Zukunft wird datenbasiert, vernetzt und lernfähig sein.
Prozess- und Arbeitssicherheit bilden dabei das Fundament: Nur wenn Abläufe zuverlässig und nachvollziehbar sind, können wir Automatisierung und Digitalisierung sinnvoll einsetzen.
Im CFLab entwickeln wir genau dafür die Werkzeuge – um eine neue Bauwelt zu gestalten: effizient, transparent und sicher.
